20200503

Nachdem wir in und um und um Fürth herum mittlerweile jeden Baum und jeden Strauch mit Namen kennen müssen wir mal wieder bissl raus. Auf dem Plan steht die Tour schon länger, das Wetter paßt auch, also wollen wir die Schiefe Ebene erwandern. Dabei handelt es sich um eine Bahnstrecke, genauer, um die Steilstrecke zwischen Neuenmark-Wirsberg und Marktschorgast, welche Mitte des 19. Jahrhunderts ingenieurstechnisch eine Meisterleistung darstellte und auch die erste solche Strecke in ganz Europa und damit wegweisend war.

Aufgrund der nicht genau planbaren Heimfahrt und der besseren Bedienung des Halts Neuenmarkt-Wirsberg zäumen wir das Pferd von hinten auf und fahren mit Umstieg in Bamberg nach Marktschorgast. Vom dortigen Bahnhof beginnen wir die Wanderung, die uns nun die kommenden Stunden entlang des Kulturdenkmals Schiefe Ebene führen wird. Gleich zu Beginn wird interessanterweise auch die Kommunikationstechnik mit einer Tafel gewürdigt.

Sehr aufwendig ist die Bauweise auf einem massiven Damm, die nötig wurde, um diverse Landschafts-Einschnitte zu überbrücken. Solch ein künstliches Hindernis in der freien Natur erfordert natürlich viele Durchlässe, um bestehende Wege nicht abzuschneiden und auch dem Wasser nicht im Wege zu stehen. Diese Bauwerke wurden aus extrem dauerhaftem Stein äußerst präzise errichtet und sind nach über 150 Jahren immer noch im Originalzustand erhalten – und dieser Zustand ist exzellent gut. Selbst der gußeiserne Portalbogen hier hat in all den Jahren kaum Rost angesetzt!

Oftmals sind die Wege nur bessere Trampelpfade, was natürlich Zeit kostet, uns jedoch mitten durch wenig berührte Natur führt und dazu schöne Einblicke bietet. Auch Zauneidechsen mögen das offenbar! Ebenso führen diese Pfade immer wieder zu Aussichtspunkten, wie hier mit Blick auf eine elegante S-Kurve.

An einem Einschnitt im Fels kommen wir einem Relikt aus dem kalten Krieg der 1980er-Jahre ganz nahe. Diese Fallkörper konnten im Fußteil mit in einem Erddepot vor Ort gelagertem Sprengstoff bestückt werden, um im Falle anrückender gegnerischer Truppen diesen die Bahnstrecke zu versperren. Für den Unterhalt solcher Bauwerke waren übrigens die Wallmeistereien der Bundeswehr zuständig, welche immer ganz unmilitärisch in zivil daherkamen und mit ihren VW-Bussen wirkten wie Personal der Vermessungsämter oder Autobahnmeistereien.

Gleich oberhalb dieser Installation findet sich ein schöner Ort für eine kleine Vesper-Pause. Dort sind auch die optischen Telegraphen im Nachbau vorhanden, durch den Besucher bedienbar und an einer Tafel erklärt. Und wohl nur hier gibt es mitten im Nirgendwo einen Fahrplanaushang. Der Zug war übrigens pünktlich und wurde nicht von der Sperre aufgehalten.

Im weiteren Verlauf wird nun die Gegend immer weniger spektakulär. Die Ebene wird immer weniger schief, die Durchlässe immer kleiner. Wir sehen noch einige schöne Bahnwärterhäuschen, die mittlerweile privat genutzt werden, lernen etwas zu den Brandschutzmaßnahmen, als Lokomotiven noch wie feuerspeiende Drachen zu behandeln waren, und es gibt eine kleine Demonstrations-Station zu Schienenprofilen und Oberbauarten. Ein kleiner Zufallstreffer abseits des Fahrplanes ist dieses Arbeitsfahrzeug vor grandioser Kulisse.

Das Ende der Tour führt uns durch Wohngebiete in Neuenmarkt-Wirsberg, darunter auch eine alte Eisenbahnersiedlung. Im Umfeld des Bahnhofes gibt es noch einige Infotafeln mit interessanten Details. So schließt das Flügelrad als Symbol der Eisenbahn unsere Wanderung ab, und die Heimfahrt mit Umstieg in Lichtenfels funktioniert problemlos.

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