Heute sind wir keinen Meter mit der Bahn gefahren, dennoch ist es ein sehr ergiebiger Tag bezüglich Bahntechnik, also gibt es auch einen bclog-Artikel :)
Zunächste besuchen wir das Gelände der ehemailgen Brikettfabrik „Energiefabrik Knappenrode“. Steht da doch eine hübsche V60 und oxidiert so vor sich hin. Mit so einem Gerät ist nicht zu spaßen, unbedachter Aufenthalt im Bereich einer Werklok kann ungut enden :-(
Sehr wichtig ist die korrekte Anlage der Gleise zur Brombeerzucht, in einem Versuchsfeld mit verschiedenen Oberbauarten führte nur die Variante aus dem Photo zum Erfolg!
Man beachte bei dieser Bergbaulok die obskure Anordnung der Stromabnehmer. Dies sieht man öfters bei derartigen Fahrzeugen, ich kann nur mutmaßen, daß entweder die Rückleitung über einen zusätzlichen Stromabnehmer erfolgt, die Dinger mit Drehstrom laufen, oder daß aus Platzgründen die Oberleitung in verschiedenen Lagen montiert ist, um bei Arbeiten nicht im Weg oder gar gefährlich zu sein.
Bedauerlich, daß die einzige Nutzung der verbliebenen Schienen als Ameisengleisstraße erfolgt….
Später am Tag folgt die Überraschung bei dieser Überraschungsfahrt. Wir besuchen die Abraumförderbrücke F60, die als Industriedenkmal nach zwei Jahren Bauzeit und nur gut einem Jahr Betrieb glücklicherweise stehengelassen wurde. Sie ist für Besucher erschlossen und im Rahmen von Führungen begehbar. Gleich zu Beginn der Runde kommt man zu einem Eisenbahnwagen, der für besondere Geschäfte vorgehalten wird. Dann steht man auch bereits vor dem größten beweglichen Arbeitsgerät der Welt (502 m lang!) und darf einen Blick auf das imposante Fahrwerk werfen. Von oben ist der Blick auf die Gleisrückmaschine besonders schön – dieses Gerät verrückt die Gleise, auf denen es fährt, seitlich um ca. einen halben Meter, damit die Abraumförderbrücke der Braunkohle folgen kann. Muß die Maschine mal umsetzen, so fährt sie Raupenketten herunter, stemmt sich damit selbst hoch und fährt seitlich vom Gleis!
Nach Besuch des höchsten Punktes der Brücke kommt es zur eigentlichen Überraschung – einem Abendessen in ca. 60 m Höhe auf einer Plattform der Förderbrücke! Eine einmalige location, eine grandiose Kulisse, und geschmeckt hat’s auch :-)
Nach dem Abstieg noch ein Blick auf dieses Monster gegen die Abendsonne. Irre! Das muß man einfach selbst gesehen haben…
Den Abend beschließen wir bei einem Bierchen beim Besucherzentrum, dem ehemaligen Arbeitswagen, beim Blick auf die Abraumförderbrücke, die durch eine Licht-und Toninstallation noch kuriose Eindrücke zum Abschied vermittelt.
Zur scheinbar „obskuren Anordnung der Stromabnehmer“ bei der Bergbaulok: Bei der Herstellung der Gleichstrom-Grubenlok EL-2 im VEB Lokomotivbau-Elektrotechnische Werke ‚Hans Beimler‘ (LEW) wurden die kleinen Stromabnehmer ansichtlich schräg seitlich angebracht, damit der Zug mit den speziellen Schüttgutwagen während der langsamen Vorbeifahrt am Braunkohleabbaubagger gleich mit der Braunkohle beladen werden konnte.
Wenn die Stromabnehmer und die Fahrleitung wie sonst üblich oben gewesen wäre, hätte das mit der Beladung nicht funktioniert. Die großen Stromabnehmer oben auf der EL-2 waren nur für die Zugförderung im Streckenbetrieb vorgesehen.
Gab es denn kein Modell, wo das Prinzip erläutert wurde? Ein Versuch der Erklärung:
Der Zug mit „Deiner Lok“, der 4-662-100-B3 fährt von der Strecke kommend in das Abbaugebiet in Richtung Braunkohleabbaubagger ein. Während der Einfahrt werden die großen Stromabnehmer für die Streckenfahrt gesenkt und die kleinen seitlich angebrachten Stromabnehmer für die Beladefahrt gehoben, so daß sie die im Abbaugebiet (dem Kohleflöz) ebenfalls seitlich geführte Fahrleitung* berühren.
(*Aus diesem Grund sind auch die Schüttgutwagen oben seitlich abgeschrägt, siehe dieses Bild: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:4-1232-100-B3_06.09.06.JPG?uselang=de)
Der Zug fährt weiter und nähert sich dem Kohleabbaubagger von hinten, d.h. er fährt in die gleiche Richtung wie der Bagger. Während der Vorbeifahrt am o.g. Bagger wird die geförderte Kohle gleich in die Schüttgutwagen geladen.** Ist der Zug voll, beschleunigt er und fährt aus dem Abbaugebiet heraus. Am Ende des Abbaugebietes werden die kleinen Stromabnehmer gesenkt und die für die Streckenfahrt gehoben. Der Zug fährt dann über die Strecke zur Brikettfabrik oder zum Kraftwerk, wo die Rohbraunkohle weiterverarbeitet wird.
(**Die Geschwindigkeit den Kohlebaggers beträgt ca. 2-3 km/h, die des zu beladenen Zuges liegt bei 4-5 km/h)
Zu meiner Erklärung siehe auch die Bildbeschreibung der Wikipedia: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:El_2-Industrieellok_4-1305.jpg?uselang=de
In der Loknummer ist auf jeden Fall die lfd. Herstellungsnummer und die Dienstmasse enthalten:
662 = lfd. Herstellungsnummer
100 = Dienstmasse 100 t
Heute wird die geförderte Rohbraunkohle über riesige Förderbandanlagen transportiert, so daß die Loks und Wagen nicht mehr in dem Maße benötigt werden.