(138) ICE 1524 startet pünktlich in Nürnberg. Problemlos kriechen wir durch den Frankenwald, Ankunft in Leipzig klappt ebenfalls pünktlich.
Ein paar Besorgungen stehen an, ein Mittagshappen, und wir besuchen Nolde (nebst Brücke-Kollegen) und Lüpertz im Museum der bildenden Künste.
Der Hauptgund der Reise ist jedoch Adrienne mit ihrer Hochantenne.
Wir konnten uns ja im Vorfeld überhaupt nicht vorstellen, was da abgeht, aber das Experiment ist mehr als geglückt. Das Salonorchester Cappucino führt ein Radiokonzert aus dem Jahre 1925 auf. Dazu muß man sagen, dies waren die Anfänge des Hörrundfunks in Deutschland, und Albrecht Winter (passionierter Bahnfahrer!) gibt in seiner Moderation spannende Einblicke in die Frühzeit des Radios. Damals war noch der Detektorempfänger Stand der Technik, aber auch die ersten Röhrengeräte mit Trichterlautsprecher etablierten sich.
Die Veranstaltung beginnt übrigens mit einer Einspielung in der typischen Radioqualität von damals, Knacken und Knistern, und eingeengter Frequenzgang. Doch dann übernimmt das kleine, aber feine Salonorchester in einer Akkuresse und Dynamik, wie man sie selbt mit heutiger Radiotechnik kaum über den Äther bekommt. Damals saß für den Musikgenuß die Familie noch mit unbequemen Kopfhörern (ja, ich habe das bereits ausprobiert, nach einer halben Stunde hat man heiße Ohren, und nach einer Stunde erträgt man es kaum mehr und muß das bockelharte Teil vom Kopf reißen) um den Radiotisch – insofern sind die Beschwerden über die Jugend, die immer mit Knopf im Ohr rumläuft, nicht angebracht, haben deren Urgroßeltern ihre Freizeit doch genauso verbracht :)
Was mir bisher nicht bewußt war, Leipzig hatte sich beim Wettbewerb um einen Senderstandort gegen Dresden durchgesetzt und war durchaus sehr früh mit einem eigenen Radiosender unter der MIRAG vertreten und leistete wichtige Pionierarbeit. Bereits damals war man so weit, Einspielort, „Rundfunkhaus“ mit den „Besprechungsräumen“ (heute nennt man sowas Studio) und Sendeanlage räumlich getrennt zu betreiben und die Verbindung über Zuspiel-Freileitungen sicherzustellen.
Zum Abschluß erzählt noch Hagen Pfau, der gute Geist des Leipziger Radio-Museums, etwas zur Radiotechnik von damals und heute und betont auch die immer noch gegebene Relevanz des Mediums Radio und beklagt vollkommen zurecht, daß am Ende der Kette, beim Lautsprecher, leider viel zu wenig getan wird, um die Möglichkeiten der aktuellen Radiotechnik auch klanglich voll ausreizen zu können.
Man kann wirklich sagen, das Motto der Konzertreihe „Das gibts nur einmal“ (zugleich auch das Schluß-Stück) trifft es voll und ganz. Was für eine kurzweilige und erstklassige Veranstaltung!